Leben mit dem Sudeck

 

Leben mit dem Sudeck

Die ersten Anzeichen

Die Hand und der gesamte Arm schwollen immer mehr an, in allen Gelenken - auch den kleinen Fingergelenken- und am gesamten Arm waren unterschiedlich ausgeprägte Ödeme entstanden, es sammelte sich Wasser an. Bewegungen mit den Fingern, die erst noch etwas möglich waren, nahmen immer mehr ab. Den gesamten Arm konnte ich kaum bewegen – einmal durch die starken Schmerzen, aber auch durch die Bewegungseinschränkungen durch die starken Schwellungen und Blockaden in den Gelenken.

Die Schmerzen wurden immer stärker, besonders als versucht wurde mit einer festen Bandage über den gesamten Arm und die Finger die unterschiedlichen Schwellungen zu verteilen. Diese hatte ich von Freitag Mittag bis Montag früh dran. Es waren höllische Schmerzen, besonders in der Nacht. Zum Schlafen kam ich nicht mehr. Um mich von den Schmerzen abzulenken, habe ich mir ein Puzzel vorgenommen.

Das Ergebnis war dann auch, dass der Arm jetzt relativ gleich angeschwollen war. Nun bekam ich einen Kompressionshandschuh und -armstrumpf, der auf meine Daten angepasst wurde. Die größten Schmerzen entstanden bereits beim Überziehen des Handschuhs - hier hörte ich zum ersten Mal das Wort "Morbus Sudeck". Auch diesen Kompressionshand- und -armstrumpf hatte ich das erste Mal das gesamte Wochenende drum.

Die Nächte wurden immer kürzer, da ich mich mit der Schmerzablenkung beschäftigen musste. Später wurde gesagt, er hätte früh angelegt und abends abgenommen werden sollen. Dann ließ ich mir 2x in der Woche in der  Physiotherapie ihn überziehen und abends vom Pflegedienst abziehen. Allein hätte ich es nicht geschafft – auch das abziehen nicht. Es war jedes Mal eine sehr schmerzhafte Prozedur – auch das Tragen des  Kompressionshandschuhs war sehr unangenehm bis äußerst schmerzhaft.

Die Schmerzen wurden nicht geringer, aber die Schwellungen ließen etwas nach, deshalb habe ich diese Prozedur einige Wochen über mich ergehen lassen.

 


Die Diagnose - "Morbus Sudeck" oder auch "CRPS"


Auf Anraten meines Arztes, der mich nach den Krankenhausaufenthalten weiter betreut hatte, stellte ich mich einer Schmerztherapeutin vor. Sie stellte sofort – ohne zusätzlichen Untersuchungen –

die Diagnose „Komplexes Regionales SchmerzSyndrom“ - Sie ist auf dieses Krankheitsbild spezialisiert.

Nun hoffte ich, dass alles bald wieder in Ordnung kommt. (Als sie von einer  Dauer von ca. 2-3 Jahren sagte, hatte ich das noch nicht so registriert.)
Im April schloss sich eine 12-tägige
stationäre Schmerzbehandlung an (mit ISK- ein Schmerzkatheder). Dabei wurden die Schmerzmittel vom ISK allmählich zu Tabletten umgestellt. Was hat sich nun verändert?



Das ist ein Foto von meiner Hand, als es ihr schon besser ging.
 

Die Schmerzen haben nicht mehr die Intensität, die Schwellungen gingen immer weiter zurück (das Foto ist vom Juli 2012). Aber die Beweglichkeit des Handgelenkes und der Finger ist noch stark eingeschränkt.

Ich kann inzwischen mit den Handkanten etwas gegenhalten- also schon recht gute Hilfsdienste ausüben und damit die linke Hand etwas entlasten. Es geht schon besser, wenn nicht eine Hand alles allein machen muss.

Da ich ebenso eine Fraktur an der Schulter hatte, diese mit einer starken Fehlstellung der Kapsel zusammen gewachsen ist und durch die Belastung des Sudecks nicht operiert werden kann, werde ich damit jetzt leben müssen. Das heißt, mit Bewegungseinschränkungen und Schmerzen muss ich mich jetzt so „anfreunden“, dass ich im Alltag damit zurechtkomme.

Jede Tätigkeit dauert länger als gewohnt- da ich ja alles mit der linken Hand und nur mit ihr tun musste. Dabei muss ich bei jeder Tätigkeit überlegen, wie das eine Hand allein schafft:

-ob es das Anziehen ist - dabei habe ich mir eine Reihenfolge eingeprägt, damit ich es allein und möglichst schmerzfrei schaffe  

-ein Brötchen (schon höhere Qualität) oder eine Scheibe Brot schmieren, das geht nur im Stehen- da kann ich die Krafthebel besser einsetzen- erst mit Unterstützung des Bauches, jetzt hält die rechte Hand dagegen

-Zeitung lesen – Seiten umblättern, auch das Lesen mit Konzentration auf eine bestimmte Stelle (hierbei fallen recht schnell die Augen zu) strengen sehr an

 

Die ersten Monate hatte mich noch etwas anderes beunruhigt- alles was um mich geschah- vor allem in der Natur- nahm ich kaum wahr. Ich registrierte es zwar, aber die Freude, die sonst der Frühling in mir auslöste, war überhaupt nicht zu spüren. Alles blieb da kalt, Leere baute sich auf. Ich versuchte zwar mich zu beschäftigen- damit ich die Schmerzen nicht so wahrnehme und ich irgendwie den Tag und vor allem die Nacht rumkriege  - aber die Stunden wollten einfach nicht vergehen. Viele hätten mich da beneiden können, denn meist fehlt die Zeit. Trotzdem vergingen die Wochen, Monate wie im Flug. Kaum registrierte ich den Frühling, fielen schon wieder die Blätter von den Bäumen und der erste Schnee war wieder da.

Nebenwirkungen meiner Medikamente ist auch das Rastlose, ständig etwas tun müssen – das wirkte sich vorübergehend positiv auf meinen Schlaf aus. Anfangs war ich recht froh, dass meine Tage wieder Inhalt bekamen und ich auch viel geschafft hatte. In 4 Monaten hatte ich 90 Bilder gemalt!!

Jetzt aber suche ich die Ruhe, finde sie aber nicht, oder lasse sie nicht zu.


Mit Hilfe von verschiedenen Therapien (2x Ergo für den Sudeck - 1x Krankengymnastik im Bewegungsbad für Schulter, WS, Parkinson - 1x KGB für Parkinson + MT + Wärme für WS) und meinen täglichen Übungen (früh beim Aufstehen ca. 45 min. und seit einigen Tagen abends wenn der Rücken so schmerzt, dass ich mich kaum bewegen kann, lege ich mich auf die Gymnastikmatte und versuche Stück für Stück mich zu bewegen, bis es einfacher geht. Jetzt fange ich schon eher damit an, damit die Schmerzen nicht so stark werden. Aber dazu braucht man eine große Portion Überwindung!!) habe ich schon einige Fortschritte besonders beim Bewegen der Schulter erreicht.

Heute kann ich mir nur noch schwer vorstellen, wie ich angefangen hatte, die linke Hand arbeiten zu lassen.

Es ging los mit dem Schreiben. Ich kam mir vor wie ein Schüler der 1. Klasse. Jeden Buchstaben oder Zahl brachte ich mit hoher Konzentration und meist auch verkrampft aufs Papier. Dabei wurden auch die rechten Finger sehr belastet – alles was ich mit der linken Hand ausführte (besonders wenn ich sehr konzentriert war) machte die rechte mit.

Stück für Stück das Anziehen allein zu schaffen – besonders ein Hemd oder Shirt anzuziehen – dafür muss ich eine bestimmte Reihenfolge einhalten, sonst geht es nicht.

Es sind dann aber auch schöne Momente, wenn etwas allein gelingt, wofür ich vorher noch Hilfe gebraucht hatte – so den Müll runterbringen, abwaschen, staubsaugen, wischen, Wäsche auf dem Wäscheständer hängen und dann wieder zusammenlegen. So könnte ich noch einige Handgriffe aufzählen, die eigentlich ganz einfach sind, jetzt für mich aber oft noch eine Herausforderung. Aber ich bin nicht auf die Hilfe anderer angewiesen – das ist sehr wichtig für mich.

Das schwierigste ist nicht allein das Umdenken, wie kann ich alles mit der linken Hand machen – dazu meist nur mit ihr, sondern im Alltag die Hürden meistern, die ich manchmal überwinden kann aber oft wieder an die Grenzen stoße, so dass ich ganz einfache normale Tätigkeiten nicht oder mit großem Kampf ausführen kann.

Das sind oft schwere Minuten, in denen ich akzeptieren muss, dass es für mich normal ist, nicht alles machen zu können. Trotzdem lässt mich das so lange nicht los, bis ich es doch geschafft habe.

Inzwischen ist es Alltag geworden - die linke Hand ist jetzt "Chef" aber die rechte möchte jetzt endlich auch etwas dazu beitragen. Ich versuche durch aktives Handeln (Einbeziehung der rechten Hand in den Alltag, Spielen auf dem Keyboard, Malen und vor allem Kräftigungsübungen für die Rückenmuskulatur - hier habe ich Varianten von Übungen mir angeeignet, bei denen ich die rechte Hand nicht abstützen muss, sondern den Unterarm auflegen kann - dabei kommt auch hier langsam die Kraft wieder zurück) meine Situation so zu verbessern, dass ich im Alltag gut zurechtkomme. 

 










 

 

 
Erstellt im November 2012
 
 

 
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